Rathausturm (Town hall tower)

Diese Sockelfigur, die uns da ihr Hinterteil entgegenreckt, nennt man „Kölner Spiegel“ – das soll nicht heißen, daß die Kölner die Bezeichnung „Arschgesicht“ für ein Kompliment halten. Nein, das ist nur die Ansicht, die eine beliebte Figur im Spiegel sehen würde, wenn sie durch ihre Beine guckt: Der „Kallendresser“ (Regenrinnenscheißer), über den ich hier schon mal berichtet habe.

This pedestal figure, which stretches its rear end towards us, is called „Cologne Mirror“ – this does not mean that the Cologne people consider the term „ass face“ as a compliment. No, this is just the view, a popular character would see in the mirror if he looked through his legs: the „Kallendresser“ (= bugger in the rain gutter, Cologne slang), I have already reported on here.

Welcher Zusammenhang zwischen Konrad von Hochstaden (1205-1261) mit dieser Spottfigur besteht, kann man nur mutmaßen: Der Erzbischof führte zwar das Stapelrecht für Köln ein und legte den Grundstein für den Kölner Dom, wurde aber, wie viele Erzbischöfe, in der Stadt eher als feindlicher Machtmensch wahrgenommen, der nicht den geringsten Ehrgeiz hatte, beliebt zu sein.

One can only guess the connection between Konrad von Hochstaden (1205-1261) and this ridicule figure: The archbishop introduced the staple right for Cologne and laid the foundation stone for the Cologne cathedral, but like many archbishops, was perceived in the city as an enemy power man, who had no ambition to be in vogue.

Zu den 124 Rathausfiguren gibt es eine typisch kölsche Geschichte: Als der Turm nach dem 2. Weltkrieg wieder hergestellt war, fehlten noch die Figuren, aber die Stadt hatte kein Geld dafür. Also forderte man in den 80ern die Kölner Bürger auf, dafür zu spenden, eine Figur kostete mindestens 10.000 Euro, und tatsächlich fanden sich viele Firmen und Privatleute, die sich auf diese Art ein Denkmal setzen wollten. Damit die Figuren auch lange der Umweltverschmutzung widerstehen konnten, wurden Spezialisten beauftragt, die die Sandsteinskulpturen in Acrylharz tränkten. Alle freuten sich und waren zufrieden, aber – oh je:

Das Acrylharz zerstörte die Figuren innerhalb von 10 Jahren schneller, als es jede Umweltverschmutzung gekonnt hätte, sie bekamen gefährliche Risse und mußten 2005 demontiert werden. Was tun? Der Turm war wieder nackt, die Spender düpiert. Also widmete man schnell 1,5 Millionen Euro Sponsorengelder für ein anderes Projekt um und gab neue Figuren in Auftrag, die nun seit 2008 wieder den Turm schmücken. Daß dieselben Spezialisten später beim U-Bahnbau beschäftigt wurden, ist ein bloßes Gerücht – für jeden Pfusch gibt es in Köln eigene Fachleute, an denen man hier offensichtlich keinen Mangel hat.

There is a typical Cologne story for the 124 town hall figures: when the tower was restored after World War II, the figures were still missing, but the city had no money for it. So in the 80s Cologne townsfolk were asked to donate for it, one figure cost at least 10,000 euros, and indeed there were many companies and private individuals who wanted to set up a memorial in this way. So that the figures could withstand pollution for a long time, specialists were commissioned to soak the sandstone sculptures in acrylic resin. Everyone was happy and satisfied, but – oh dear:

The acrylic resin destroyed the figures within 10 years faster than any pollution could have done, they got dangerous cracks and had to be dismantled in 2005. What to do? The tower was bare again, the donors duped. So they quickly devoted 1.5 million euros in sponsorship money to another project and commissioned new figures that have been decorating the tower again since 2008. The fact that the same specialists were later employed in the construction of the subway is a mere rumor – for every botched job there are separate experts in Cologne, of whom there is obviously no shortage.

20 Gedanken zu “Rathausturm (Town hall tower)

  1. Na sowas. So ein Zufall! Den kleinen Nacktarsch hab‘ ich auch fotografiert (aber noch nicht gepostet). Und genau wie du habe ich mich gefragt, warum gerade unterm Konrad. Ich bin zu dem selben Schluss gekommen wie du.
    Es ist übrigens erstaunlich: vor lauter Figuren achtet man nicht so sehr auf die Konsolen, aber die sind durchaus betrachtenswert.
    Herzlichen Gruß,
    April

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  2. Na so was, da wird sich der Spiegelgucker jetzt ganz schön den Arsch ab- oder anfrieren, um von den edelsten Teilchen mal gar nicht zu reden. Eigentlich sollte diesem Herrn doch mal eine von den Stricklieseln für den öffentlichen Raum ein warmes Teil stricken und drapieren.
    🙂

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  3. Ja, habe ich gesehen, daß Du da auf der Pirsch warst. Auf die Idee, da einfach hineinzuspazieren, bin ich noch gar nicht gekommen, muß ich auch mal machen.
    Die Rathausfiguren sind im Netz gut dokumentiert, aber über die Konsolenfiguren findet man kaum etwas. Einiges kann man sich ja zusammenreimen, wie z.B. den Kampf des Bürgermeisters Gryn gegen den erzbischöflichen Löwen (auf dem letzten Foto), aber wofür stehen die drei trommelnden Affen?

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  4. Ach, Du meinst, zwischen trommelnden Affen und Politikern ist nicht viel Unterschied? Hm – da könntest Du recht haben. Vielleicht ein bißchen ungerecht – für die Affen. 😉

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  5. Affen waren im Mittelalter ein negatives Symbol; sie standen für Hochmut. Mit Trommeln äffisch gemachte Musik galt als Höllenlärm. (hab‘ ich aus dem dicken Wälzer ‚Stadtspuren, Bd. ‚Rathausturm‘, bei Bachem für 12,95, heruntergesetzt).
    In das Rathaus kannst du jederzeit während der Dienstzeiten; ich werde da auf jeden Fall mal wieder hin, wenn es nicht mehr so kalt ist und wenn ich mehr weiß. Nur: leider darf man in viele Räume nicht hinein (verständlicherweise) und Führungen für Einzelpersonen gibt es nicht 😦

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