Galerie-Woche CityLeaks

Neulich habe ich einen Eintrag von mir betitelt mit „Graffiti-Festival CitiyLeaks„. Wie konnte ich nur! Inzwischen habe ich einen Artikel im „Kölner Stadtanzeiger“ (02.09.11) gelesen, ich zitiere:

„Allzu oft wird Streetart noch mit Graffiti verwechselt. Weshalb es Cityleaks-Mitveranstalter Georg Barringhaus wichtig ist, zu betonen: ‚Cityleaks ist kein Graffiti-Festival, sondern ein Festival für urbane Kunst.‘ Schließlich hat das, was in den drei Wochen des Festivals präsentiert wird, nicht unbedingt etwas mit illegalen Schmierereien an Hauswänden zu tun – sondern ist eine zeitgenössische Kunstform, die mittlerweile in Museen dieser Welt seinen Platz gefunden hat.“

Ach was. Diese Uminterpretation ist völlig an mir vorbeigegangen. Die Abgrenzungsbemühungen zur illegalen Graffiti-Szene ist merkwürdig und auch ein wenig abstoßend, da scheint jemand die Wurzeln dieser Kunst zu vergessen.

Vielleicht hängt es damit zusammen: Illegale Streetart (Graffiti, Urban Art) läßt sich vom Künstler selbst schwerlich vermarkten, die Kunst entzieht sich weitgehend dem Kunstmarkt. Also muß man raus aus der Illegalität und in Galerien ausstellen. Daß die Kunst dabei ihren subkulturellen Charakter verliert und zum Mainstream wird, darüber wird lieber nicht geredet, man zehrt einerseits noch von der antibürgerlichen Abenteuerer-Vergangenheit, distanziert sich andererseits aber schon mal von „illegalen Graffiti-Schmiereien“. Da muß man sich die Frage gefallen lassen, wie weit die Heuchelei in der Szene schon gediehen ist.

Seit dem Wochenende stellen die Künstler nun also an 14 verschiedenen Orten tragbare Werke aus, es darf gekauft werden. Nochmal ein Zitat aus dem „Stadtanzeiger:

„‚Kritische Denkanstöße geben‘, wie Mitveranstalter John Iven betont. ‚Wir präsentieren die Philosophie des Nichtschweigens.'“

Wow! Aha. Das ist allerdings nicht immer glücklich, so manches Wort hätte einen Mund besser nicht verlassen … die „Philosophie des Nichtschweigens“, soso. Aber egal: Das Maria-Bild oben ist für 12.900 Euro zu haben, das Kruzifix kostet 10.500 Euro und das Foto einer präparierten Schweinshaxe ist ein wahres Schnäppchen, 2.000 Euro.

Wenn man sich von den Preisen trennt und einfach nur durch die Ausstellungen schlendert, ist es natürlich trotzdem interessant, wie hier z.B. im alten Hochbunker in der Körnerstr. Ob die Figuren wirklich mal als Streetart konzipiert worden waren?

Hmm – ja, sowas kennt man …

Wer in der Nähe wohnt, sollte auf jeden Fall die ein oder andere Galerie besuchen, die Ausstellungen dauern mindestens noch bis zum 25.09., die Adressen findet man in dem Folder, den man sich herunterladen kann.

0 Gedanken zu “Galerie-Woche CityLeaks

  1. Ja, 40 Milliarden Euro werden jedes Jahr auf dem Kunstmarkt umgesetzt, und seitdem für Graffiti-Kunst auch auf Auktionen viel Geld geboten wird, ist die Versuchung groß. Allerdings werden es nur die wenigsten schaffen, deshalb sollten sie sich gut überlegen, in diesem Zirkus mitzumachen, allein aus Gründen der Selbstachtung.

    Like

  2. Der Kunstmarkt ist ja eine ziemlich durchgeknallte Angelegenheit. Schau Dir nur jemanden wie Damien Hirst an: Für sein „Lullaby Spring“ wurde 14.5 Mio. Euro bezahlt. http://www.nytimes.com/imagepages/2007/06/25/arts/25auct1.ready.html

    Wenn ich die Wahl hätte und unbegrenzt Mittel zur Verfügung, ich würde eins Deiner Collagenhefte bevorzugen.

    Hier noch ein interessanter Artikel:

    http://www.artnet.de/magazine/art-price-value-uber-den-wert-der-kunst-teil-ix/

    Like

  3. Ja, nicht zu fassen!
    (dazu dann wieder so Gespräche wie neulich, ich sage nur, Kraniche der Arbeiterklasse!)
    Unbegrenzte Mittel brauchst du nicht, eines meiner Collagenbücher kostet dich mit Freundschaftsrabatt nur 25 Euro. :>>
    Den Artikel lese ich später mal. Einstweilen besten Dank.

    Like

  4. Deine Kritik bezüglich der Trennung zwischen Graffiti und Urban Art ist auf jeden Fall berechtigt. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass auch die Idioten, die überall (auch an frisch gestrichene Hauswände) nur einen Schriftzug hinschmieren oder saumäßig schlechte Graffitis machen dazu beitragen, dass wirkliche Könner sich davon distanzieren wollen.

    Like

  5. Der Feuerlöscher kostet 94,50, allerdings nur ohne Signatur. Mit Signatur (z.B. von mir, dann hättest Du einen echten Videbitis!) 9.905,50 Euro + Materialkosten, also 10.000 Euro. Wenn der Wert der Kunst ähnlich steigt wie der Goldpreis, krigst Du in ein paar Jahren das Dreifache dafür!

    Like

  6. Da kannst Du recht haben. Ich möchte mich auch distanzieren, wenn ich mich so umsehe, am liebsten von der Gattung „Mann“. Ab sofort möchte ich nicht mehr „Mann“ genannt werden, sondern nur noch …äh, „Vir“. 😉

    Like

  7. ich finde es schon noch okay, wenn graffiti als urbane kunst bezeichnet wird, nur der umkehrschluss „keine schmiererei“ ist echt verrat an der sache, der sich außerdem (hoffe ich) die bildgewaltigsten unter den künstlern immer noch verpflichtet fühlen — schon hübsch anzuschauen, das kreuz-marienbild-ensemble, aber die preise sind einfach absurd

    Like

  8. Ja, so war ja auch die Entwicklung: Erst hieß es nur Graffiti, als dann aber auch andere Materialien dazukamen als nur Farbe aus der Sprühdose, hat sich der Begriff erweitert zu Streetart und, in der Folge, zu Urban Art. Ich vermute, es sind hauptsächlich Event-Veranstaler und Galeristen, die Graffiti-Kunst vom illegalen Image befreien wollen, um sie besser vermarkten zu können. Die Künstler selbst werden in der Regel kaum was dagegen haben, mit ihrer Kunst Geld zu verdienen, aber gleichzeitig findet man immer wieder illegale Streetart auch von denen, die schon längst Galeristen haben. Das führt dann zu dem merkwürdigen Phänomen, daß ein Sprayer illegal Wände bestückt – und dann seine Unterschrift darunter setzt.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar