Ruhender Verkehr

… heißt diese Plastik des Künstlers Wolf Vostell aus dem Jahre 1969: Ein ursprünglich fahrtüchtiger, einbetonierter Opel Kapitän, der auf dem Mittelstreifen des vierspurigen Hohenzollernrings steht. Wie man sehen kann, darf man auch darauf herumturnen.

Hier ist ein kleiner Film über die Entstehung des Kunstwerks zu sehen. Vostell sagte später in einem Interview zu seiner Zeit in Köln: „Es sind Dinge passiert in einer Zeit, als ein außergewöhnlicher Freiheitsbegriff für die Künstler politisch wirksam war. Es gab eine große Bereitschaft und Neugier bei den Medien, und sie unterstützten uns auch. Es war Aufbruchsstimmung: die Vorzeit der Studentenrebellion, die ich für eine der besten Sachen im Nachkriegsdeutschland halte. Das ist der Humus, auf dem in den sechziger Jahren alles wachsen und später gedeihen konnte.“(Kunstforum 117,1992)

Historisch betrachtet steht die Aktionskunst (auch Fluxus und Happening) in der Tradition der DADA-Künstler um 1920: Zum Teil völlig sinnfrei, zum Teil mit politischem und gesellschaftskritischem Hintergrund versuchten Künstler wie z.B. Vostell, Beuys und Paik, den traditionellen Kunstbegriff infrage zu stellen. Spaß an der Provokation war natürlich immer dabei, aber man täuscht sich, wenn man glaubt, die Kunst würde sich darin erschöpfen.

Teil der Plastik ist eigentlich, daß sie einen Parkplatz besetzt, ursprünglich geplant vor dem damaligen Wallraf-Richartz-Museum. Das ging der Stadtverwaltung nun aber doch zu weit: Kunst schön und gut, aber nur, wenn sie nicht wehtut. Also steht der „Ruhende Verkehr“ seit 1989 an einer Stelle, wo man ihn getrost vergessen kann. Und genau aus diesem Grund, um das Kunstwerk zumindest zeitweise wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken, haben letztes Jahr drei Architekten (im Rahmen von ‚plan 10‚) einen sogenannten „Verstärker“ installiert: Eine Garage, wie sinnig.

Was jetzt allerdings diesen älteren Herren dazu veranlaßt, Kunststückchen auf dem Verstärkerkunstwerk aufzuführen, entzieht sich meiner Kenntnis. Wahrscheinlich völlig gagadada.

0 Gedanken zu “Ruhender Verkehr

  1. Das einbetonierte Fahrzeug hat ja schon etwas, aber wenn man als nicht Eingeweihter daran vorbei geht, würde man ins Grübeln kommen über die Kinderholzklotzgestaltung. Aber gut, man muss ja nicht alles wissen. Der Garagenbetonklotz ist aber in meinen Augen ein gruseliger Missgriff, das heißt den Betrachter zu einem absoluten Blödi herabzustufen, dem man ein Betrachtungshilfmittel anbieten muss.
    Naja so ist es wenigstens zum Kunststückchen machen gut, aber das hätte man doch auch auf dem Auto machen können, oder ist dort der Beton zu uneben, als dass man mit den Stuhlbeinen sicheren Halt bekommt.
    🙂

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  2. Stimmt, das ist bei moderner Kunst oft so, ohne zusätzliche Erklärung weiß man nicht genau, was das jetzt soll. Aber das ist ja manchmal auch ganz gut, da hat man was zum Nachdenken, wenn man will, Irritationen des gewohnten Blicks schärfen den Verstand, wenn man sich darauf einläßt. Aber ein Schild, wer das wann gemacht hat und wie das heißt, wäre natürlich nicht schlecht.
    Sie haben es gut gemeint, die Garagenbauer, sie wollten nur Aufmerksamkeit für das eigentliche Kunstwerk erzeugen, und das haben sie auch geschafft. Ich hätte z.B. ein rotierendes Blaulicht obendrauf auch besser gefunden (das hätte die Raser erschreckt), aber das eigentliche Werk darf natürlich nicht verändert werden.

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  3. Man darf nicht vergessen, daß es das Resultat einer Kunstaktion ist, das heißt: Die Aktion ist Teil der Kunst. Und wenn man sich die Doku ansieht, hat das bestens funktioniert, die Reaktionen der Leute zeigen Wirkung.

    Darauf kommt es bei jeder Kunst eigentlich an: Daß sie irgendwas beim Betrachter auslöst. Der „Ruhende Verkehr“ erzeugt bei vielen Betrachtern Unmut, aber ich glaube, das ist ganz im Sinne des Erzeugers, schön im traditionellen Sinn soll das Werk ja auch gar nicht sein. Das meiste, was heutzutage sonst so in den Galerien hängt, erzeugt nur das Gefühl gähnender Langeweile.

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  4. Wäre ich eingeborener Kölner, würde ich vermutlich stolz sagen: Das ist die kölsche Toleranz. Was da passiert, paßt uns zwar nicht, aber: Jeder Jeck is anders. Aber ich weiß nicht, Du kannst auch recht haben.

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  5. Na gut, wenn du sagst, dass die „Garage“ ein Hingucker ist, muss ich es glauben, ich wundere mich aber, dass diese Betonverkleidung so lange gehalten hat ohne „Mauerspechte“, denn so dick erscheint mir die Betonummantelung gar nicht.
    🙂

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  6. Guter Gedanke! Meine Aktionskunst-Idee: Mensch-ärgere-dich-nicht-spielen auf dem ruhenden Verkehr, und aus dem Bistro gegenüber reicht jemand Getränke und Kekse – ich wäre dabei.

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